Buchtipps - Roman

Arno Geiger
Unter der Drachenwand
Ein Buchtipp von
Ihrer Buchhandlung A. Müller
1944, ein kleines Dorf im österreichischen Salzkammergut, das heißt wie der See, an dem es liegt: Mondsee. Die Drachenwand steht als schroffer Fels über allem, bedrohlich und doch auch wie ein Schutzschild. Der 24jährige Veit Kolbe, ein angehender Schriftsteller, gelangt als „mittelschwer“ verletzter Soldat von der Ostfront zur Erholung an diesen scheinbar friedlichen, abgelegenen Ort. Er leidet unter nur langsam verheilenden Wunden, schlimmen Angstattacken und an dem bitteren Gefühl, seit fünf Jahren an dem heißersehnten Studium in einem friedlichen Umfeld gehindert zu werden.
Auch in der österreichischen Provinz ist der schon verlorene und dennoch scheinbar endlos weiter wütende Krieg mehr oder minder deutlich spürbar: Feindliche Bomberverbände passieren die Gegend auf ihrem Weg zu fernen Großstädten; in einem Kinderheim wohnen landverschickte junge Mädchen; Veits Zimmernachbarin ist mit ihrem kleinen Kind aus dem durch Bomben bedrohten Darmstadt geflohen. Alle versuchen, die Zeit bis zum Frieden so gut wie irgendwie möglich unter schwierigen materiellen Bedingungen und unter der misstrauischen Aufsicht der örtlichen unbelehrbaren Funktionsträger zu verbringen…
Arno Geiger vermittelt dem Leser durch einen mehrperspektivischen Blick auf das Leben dieser Dorfgemeinschaft im letzten Kriegsjahr einen Eindruck vom individuellen Überleben angesichts einer existentiellen, allgemeinen und allumfassenden Bedrohungssituation: „… wie könnte sich das angefühlt haben im fünften, sechsten Kriegsjahr zu leben“ (Geiger in einem Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur)? Auf diese Frage hat man wohl noch nie eine so beeindruckende, überzeugende, literarisch brillante Antwort erhalten wie in diesem außerordentlichen Roman.
(Katharina Blencke-Dörr)
Hanser Verlag, 26,00 Euro
(inkl. MwSt., versandkostenfrei, Lieferzeit: ca. 2 Tage)
ISBN 978-3-446-25812-9
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